"Wo Begegnung und Emotionen sind, da ist auch Energie"

Die Messe Friedrichshafen ist ein lebendiger Treffpunkt betont der Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen im Exklusiv-Interview. Er spricht über das Kerngeschäft und Image der Messe sowie die Zukunft der Stadt. Von Infrastruktur bis Klimaschutz, von Plicht und Kür bis zu neuen Synergien: Friedrichshafen will sich weiterentwickeln - und die Messegesellschaft spielt dabei eine Schlüsselrolle.
28. Mai 2025

Interview mit Oberbürgermeister Simon Blümcke

Herr Blümcke, was verbindet Sie persönlich mit der Messe Friedrichshafen?

Simon Blümcke: Die Messe Friedrichshafen ist für mich ein Ort der große Gefühle. Ganzkonkret denke ich da an Events wie die Giovanni Zarella Show, die IBO und natürlich die IBO Opening Night, die ohne Frage mit dem städtischen Jahresempfang zu den großen gesellschaftlichen Ereignissen unserer Stadt zählt.

Welche drei Worte kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie an die Messe denken?

Simon Blümcke: Begegnungen, Emotionen und Energie. Messen bieten einfach etwas zu tiefst Menschliches, das auch in Zukunft gebraucht werden wird: Nähe, direkter Austausch und direkte Wahrnehmung. Das können Online-Events in der Qualität nicht bieten. Und wo Begegnungen und Emotion sind, da ist auch Energie. Und die gibt es on top nun auch noch im wahrsten Sinne des Wortes vom Dach - mit der größten PV-Anlage der Region.

Simon Blümcke
Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen
Die Messe Friedrichshafen ist für mich ein Treffpunkt, ein Ort für Erlebnisse[...].

Welche Bedeutung hat die Messe für die Wirtschaftskraft der Stadt Friedrichshafen?

Simon Blümcke: Die wirtschaftlichen Effekte der Messe Friedrichshafen zeigen sich in der Stadt und der ganzen Bodenseeregion - mit einer Vielzahl von Aspekten. Sie steht für ein Wachstum, Innovation und Standortattraktivität. Die Messe zieht jährlich tausende Besucher und Austeller aus der ganzen Welt an. Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel, Transport und die Dienstleistende werden dadurch direkt gestärkt, die Wertschöpfung bleibt in der Region. Ein großer Teil des Messepublikums reist aus dem Ausland an, das stärkt das Image von Friedrichshafen als Wirtschafts- und Innovationsstandort weltweit. Nicht zuletzt können wir uns bei diesen Gästen auch als Urlaubsregion empfehlen.

Eine Pflicht oder eine Kür?

In Ihrer Neujahresansprache haben Sie davon gesprochen, dass es in Friedrichshafen künftig darum gehen muss, das wesentliche zu verfolgen - kurz: Pflicht vor Kür. Von der Messe wurden in den letzten Jahren oft Groß-Konzerte gefordert. Was meinen Sie: Pflicht oder Kür?

Simon Blümcke: erst einmal bietet die Messe eine tolle Möglichkeit für kulturelle Groß-Events, die Infrastruktur ist da, das passt schon mal sehr gut. Was aber auch passen muss, ist die Wirtschaftlichkeit - und hier gilt auch für die Messe ganz klar: Pflicht vor Kür. Das Kerngeschäft der Messegesellschaft sind Messen, keine Konzerte. Wenn ein Veranstalter oder TV-Sender für solche Events gewonnen werden kann, freuen wir uns natürlich alle, dann wird aus der Pflicht die Kür. Das haben wir zuletzt bei "Wetten, dass" und bei Giovanni Zarella erlaubt und genossen.

Wissenschaftlich betrachtet lebt Friedrichshafen davon, gut erreichbar zu sein. Sie haben anklingen lassen, von Bund und Land mehr Mut bei Verkehrs- und Infrastrukturprojekten fordern zu wollen. Gehört das in die Kategorie Pflicht oder Kür?

Sion Blümke: Zentral für die Attraktivität des Messe-, Wirtschafts- und Tourismusstandortes Friedrichshafen ist die Infrastruktur und die Verkehrsanbindung. Hier müssen wir dringend handeln: Der Flughafen Friedrichshafen steht seit dem Wegfall der Frankfurt-Verbindung der Lufthansa unter Druck. Das Beihilferecht verstärkt diesen Druck zusätzlich. Für den Flughafen benötigen wir deshalb schnell Lösungen. Da ist jetzt dessen Geschäftsführung enorm gefordert. Mit Blick auf die Schiene ist die Elektrifizierung der Südbahn schon mal gut, jetzt müssen wir mit der Bodenseegürtelbahn vorankommen, damit auch diese unter Strom kommt. In Zeiten klammer Kassen bei den Kommunen landauf, landab und auch bei uns vor Ort müssen und werden wir das Land hier in die Pflicht nehmen. Und schließlich fehlt uns noch die Weiterführung der B31- neu.

Die Stadt ist Gesellschafterin der Messe Friedrichshafen. Pflicht oder Kür?

Simon Blümcke: Beides. Stadt und Messe blicken auf eine gemeinsame Geschichte zurück, die aus einem großartigen bürgerschaftlichem Engagement nach Kriegsende hervorging. 2024 konnte die IBO als Ursprung der Messe Friedrichshafen ihr 75-jähriges Jubiläum feiern. Damit ist die Messe ein Teil der Stadtgeschichte. Über die Geschäftsanteile der Stadt an der Besitz- und Betriebsgesllschaft entsteht natürlich auch eine enge wirtschaftliche Verbindung und Verbundenheit.

Bisher war der Oberbürgermeister der Stadt auch gleichzeitig mit zahlreichen Aufsichtsratsmandaten betraut - so auch als Aufsichtsratvorsitzender bei der Messe Friedrichshafen. Sie wollen neue Wege gehen - warum?

Simon Blümcke: Bei den Mandaten möchte ich mich bewusst fokussieren und konzentrieren - und gleichzeitig die Aufgabenfülle sinnvoll auf mehrere Schultern verteilen. Im Fall der Messe sehe ich großes Potenzial für Synergien mit Kultur, Tourismus und Stadtmarketing. Für diese Aufgabe ist Andreas Hein als Bürgermeister, der genau diese Aufgabe vorantreibt und weiterentwickelt, geradezu prädestiniert.

Stichwort Entwicklung: Wo soll für Friedrichshafen die Reise hingehen? Wo könnten Synergien stärker ausgeprägt werden?

Simon Blümcke: Im ISEK, dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept. der Stadt Friedrichshafen, wurde ein Tourismuskonzept beauftragt, das liegt nun vor. Das Tourismuskonzept zeigt die Potentiale unserer Stadt auf und soll uns dabei helfen Friedrichshafen noch offener, noch attraktiver, lebens- und liebenswert zu entwickeln. Friedrichshafen wird zwar im positiven Sinne als urban wahrgenommen, im Bereich Tourismus haben wir aber noch Luft nach oben. Ich halte es für eine Chance, die Messethemen noch stärker in die Stadt zu tragen und gemeinsam zu vermarkten. Das gelingt zum Beispiel schon jetzt bei der Interboot durch Aktionen am und auf dem Bodensee. Da könnte es noch mehr Anknüpfungspunkte geben. Auch die Entwicklung von Angeboten nach Messeschluss sind denkbar, damit Messegäste die Stadt auch abends noch erleben, beleben und genießen.

Simon Blümcke
Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen
Friedrichshafen hat sich Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zum Ziel gesetzt. Das ist ambitioniert und lässt sich nur gemeinsam verwirklichen[...].

Gemeinsam viel erreichen will die Stadt auch im Punkto Klimaziele… 

Simon Blümcke: Genau! Friedrichshafen hat sich Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zum Ziel gesetzt. Das ist ambitioniert und lässt sich nur gemeinsam verwirklichen: Entscheider in Wirtschaft und Behörden, Zivilgesellschaft, Privathaushalte – alle sind gefordert. Mit der Wärmeplanung hat die Stadt gemeinsam mit dem Stadtwerk am See gerade eine wichtige Grundlage geliefert, die aber auch noch viel Arbeit bedeutet. Ein weiterer wichtiger Baustein der intelligenten und klimaneutralen Stadtentwicklung stellt Photovoltaik dar. Mit der Ausschöpfung des gesamten Solarpotenzials auf Dächern und Parkplatzüberdachungen im Stadtgebiet von Friedrichshafen könnten insgesamt etwa 200.000 MWh Solarstrom pro Jahr erzeugt werden – genug um den Stromverbrauch der 28.000 Haushalte in Friedrichshafen komplett zu decken und zudem einen Überschuss zu generieren. Die Messe ist mit der größten PV-Dachanlage in der Bodenseeregion mit schnellen, proaktiven Schritten verantwortungsvoll voran gegangen. Das ehrgeizige Großprojekt wird nicht nur den Eigenbedarf des Unternehmens decken, sondern auch Überschüsse für die Region liefern. Damit ist die Messe Friedrichshafen eine wichtige Säule auf unserem gemeinsamen Weg Richtung Klimaneutralität.

Was wünschen Sie der Messe Friedrichshafen für die Zukunft?

Simon Blümcke: Beständigkeit, die nötige Portion Hartnäckigkeit und natürlich Erfolg im anspruchsvollen Messe- und Eventgeschäft, denn die Herausforderungen sind und bleiben groß. Und weiterhin so gute Ideen für neue Veranstaltungen, für spannende Nischen, für Trends und Chancen.